Bild: Peter Jülich

„Ich bin immer falsch abgebogen.“ Daniel Sch. verbietet sich Gejammer und Selbstmitleid. Seine derzeitige Lage gilt ihm als „selbst verschuldet“ – jedoch mit der Möglichkeit, „das Beste daraus zu machen“.

Der Darmstädter bezieht eine 330-Euro-Rente plus Grundsicherung, das Wohnen auf 40 Quadratmetern kostet rund 400 Euro im Monat. „Mir bleiben etwa 360 Euro.“ Geld, mit dem der 66-Jährige strategisch verfährt. Er gestehe sich täglich zehn Euro zu, was aber selten benötigt und ausgegeben werde.

„Ich habe ja nie viel gebraucht“, sagt der „geborene Bessunger“, dessen Naturbegeisterung in regelmäßigen Waldspaziergängen mündet. Seine aktuelle Existenz sei ohne planmäßiges Vorgehen jedenfalls nicht denkbar. Mit dem verbliebenen Wochengeld werde dann samstags das Notwendige eingekauft.

Als Adoptivkind bei einer blinden Mutter und einem früh verstorbenen Vater aufgewachsen, erlebt Sch. ein geborgenes Heranwachsen im Doppelhaus. Nebenan lebt der damals noch unbekannte Günter Strack, als junger Schauspieler im Garten auf und ab gehend, seine Rollen übend. Nach einer Lehre zum Fernmeldetechniker – „der Beruf hat mir aber nicht gefallen“ – wird eine Zeit lang bei Siemens gearbeitet, bevor sich die Selbstständigkeit als übermächtige Verlockung erweist.

Was im Rückblick „den Anfang vom Ende“ markiert, ist der Einstieg ins Einzelhandelsgewerbe. Zwei Jahrzehnte lang betreibt er im Stadtgeviert ein Lädchen mit dem Schwerpunkt Toto-Lotto und Tabak. Einem wirtschaftlichen Auf folgt ein dauerhaftes Ab. „Irgendwann habe ich dann keine Rente mehr gezahlt.“

Auch die Bindung zu Ehefrau und Sohn zerfällt – bis heute eine zwar getrennte, jedoch „harmonische“ Beziehung. Die der Altersarmut vorangehende Entwicklung kennzeichnet der 66-Jährige ohne Bitterkeit so: „Die Folgen spüre ich konsequenterweise jetzt.“

Spürbar ist auch die Freude, die ihm das im Frühjahr erstmals zuteil gewordene Altenhilfe-Programm bereitet. „Sensationell!“ So habe die aus Altersgründen den Dienst quittierende Waschmaschine problemlos ersetzt werden können. Eine schöne Unterstützung, die seine positive Lebenseinstellung aufs Neue bestätigt habe. „Meckern gibt es bei mir sowieso nicht.“

Trotz zurückliegender Herzoperation und zeitweiligen Angstzuständen lässt sich Daniel Sch. den Alltag nicht vermiesen. „Ich habe jetzt begonnen, die englische Sprache mittels Online-Schulung zu erlernen.“ Und Einsamkeit kenne er nicht, habe auf einen größeren Bekanntenkreis zeitlebens keinen Wert gelegt. „Zwei Kumpels leben im Ausland – per Skype sind wir regelmäßig in Kontakt.“ Olaf Velte