Bild: Christoph Boeckheler

Im Alter in Armut zu leben, daran hatte Kathrin H. in jungen Jahren nie zu denken gewagt – als Modemodel in Frankfurt und Zürich. Heute muss sie mit einer schmalen Rente und Wohngeld leben und obendrein mit einer chronischen Erkrankung.

H. weist mehr als einen durchschnittlichen beruflichen Werdegang auf. Die heute 76-Jährige kam in Schotten zur Welt. 1946 zog die Familie mit den zwei Kindern nach Frankfurt, wo H. aufwuchs. Nach der Schule absolvierte sie eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann, wie der Beruf damals hieß.

„Ich habe anschließend in einem Büro gearbeitet, bevor ich mit 21 Jahren als Au Pair in die Schweiz ging“, erzählt H. Sie nutzte den Aufenthalt in Zürich, um die dortige Modeschule zu besuchen. Nach deren Abschluss arbeitete Kathrin H. in Zürich und Frankfurt als Mannequin. „Auf Pelzmessen und Modeschauen führte ich Kollektionen vor“, erzählt H.

Ein Beruf, der jedoch schon damals ein Alterslimit hatte. Und so blieb H. wegen der Liebe in Frankfurt. „Mit 30 lernte ich einen Mann kennen“, erklärt sie als Grund. H. war in der Beziehung jedoch zum Hausfrauendasein verdammt. „Er wollte nicht, dass ich arbeiten gehe, der Mann konnte das damals verbieten“, ergänzt sie.

Eine Ehe entstand aus dieser Liebe daher nicht. „Ich bin ein freiheitsliebender Mensch“, so H. Als Katholikin habe sie zudem die Verantwortung, dass die Ehe wirklich hält. Ohne Kinder trennte man sich.

Nach dieser Erfahrung bevorzugte H. ein Leben als Single. Beruflich musste sie neu anfangen. Statt Mode vorzustellen, verkaufte sie nun Bekleidung – bis zum Rentenalter.

Zu der finanziellen Einschränkung ist über die Jahre eine räumliche hinzugekommen: Eine Atemwegserkrankung fesselt H. weitgehend an ihre Wohnung. „Zudem bleibe ich trotz Impfung wegen Covid-19 zu Hause“, sagt sie. Die Nichte und der Besuchsdienst der Diakonie schauen bei ihr vorbei und versuchen, H. die Einsamkeit zu nehmen.

Die FR-Altenhilfe unterstützt die Seniorin seit 2017. „Spezielle Wünsche habe ich nicht. Das Geld geht ohnehin zumeist für die Zuzahlung bei Rezepten und Krankenhausaufenthalten weg.“

Ihren Humor hat Kathrin H. nicht verloren. „Früher habe ich das Geld in die Boutique getragen, heute bringe ich es in die Apotheke“, sagt sie. Detlef Sundermann