Bild: Rolf Oeser

Ein halbes Jahr vor dem Mauerfall habe sie endlich das geschafft, was ihr in den Jahren zuvor mit mehreren Anträgen zur Ausbürgerung nicht gelang: die Flucht nach Westdeutschland.

„Meine Tochter lebte bereits dort. Weil die erkrankt war, durfte ich für sechs Tage ausreisen, um sie zu besuchen“, sagt Gundula W. (Name geändert). „Die Behörden in der DDR dachten wohl, W. ist nun recht alt, ihr geht es auch gut hier, die kommt schon zurück.“ Kam sie aber nicht.

Die gebürtige Görlitzerin konnte zwar nur die Volksschule besuchen, aber dennoch mit 14 Jahren eine Ausbildung als Bankkauffrau beginnen. Sie arbeitete mehr als 30 Jahre in dem Beruf.

„Gerne wäre ich auf ein Gymnasium gegangen. Die Möglichkeit bekamen nur die Kinder, deren Eltern in der Partei waren“, sagt D., die heute 86 Jahre alt ist und sehr lebendig erzählen kann.

Nach der, wie es im DDR-Jargon hieß, Republikflucht machte sich W. sofort daran, wieder bei einer Bank in Arbeit zu kommen. „Viele Bewerbungen habe ich geschrieben, aber nur eine Sparkasse hatte mich zu einem Gespräch eingeladen“, sagt D. Erst dabei stellte der Personalverantwortliche fest, dass Gundula D. schon älter als 40 Jahre war und damit auch dort durchs Raster fiel.

„Meine Zeit hier war von Anfang an von Sozialhilfe geprägt“, sagt D. mit Frust in der Stimme. Heute erhalte sie Rente mit Grundsicherung, um durchs Leben zu kommen, das habe sie sich nach so vielen Jahren Arbeit in der DDR anders vorgestellt.

„Die Frankfurter Rundschau Altenhilfe ist für mich eine große Unterstützung und dafür bin ich ihr und den vielen Spendern sehr dankbar“, sagt D. Seit 2007 erhält die Rentnerin Zuwendungen.

Diesmal soll ein Teil des Geldes für eine neue Brille genommen werden, die nach einer Augenoperation notwendig geworden ist. „Und dann werde ich mir zu Weihnachten eine halbe Gans sowie Obst und Gemüse leisten, was in letzter Zeit sehr teuer geworden ist“, sagt D.

Aber auch die Geselligkeit, die mit der Altenhilfe geboten wird, schätzt Gundula D. sehr, die seit 34 Jahren in der Stadt lebt. „Der Besuch zu einem Stoltze-Stück in der Volksbühne war wunderbar“, sagt D. Ein Buch mit Texten des Frankfurter Dichterfürsten will sie sich nun leisten, um seine Werke kennenzulernen. Detlef Sundermann