Thomas Mikkelsen hilft Mitbewohnerinnen und -bewohnern im Seniorenstift bei Behördengängen. (Bild: Renate Hoyer)

Thomas Mikkelsen kann es nicht verstehen. Vielleicht will er es auch nicht. „Der Hochtaunuskreis gehört zu den reichsten Landkreisen in Deutschland“, sagt der 71-Jährige.

Und trotzdem müsse eine Tageszeitung Spenden sammeln, um den Leuten wenigstens zweimal im Jahr eine Freude zu machen. „Das kann doch nicht sein.“

Klar, Thomas Mikkelsen freut sich über die Zuwendungen der FR-Altenhilfe zu Weihnachten oder Ostern. Er lebt im Seniorenstift Bertha-von-Suttner-Straße im Bad Homburger Stadtteil Dornholzhausen. Das ist etwas außerhalb, wo der Champagnerduft aus Casino und Kurhaus schon verweht ist.

Viele der Bewohnerinnen und Bewohner der Anlage „zählen nicht gerade zu den Begüterten“, sagt Mikkelsen. Sie beziehen bescheidene Renten oder Grundsicherung im Alter, sind in Existenznöte geratene ehemalige Selbstständige. Mikkelsen weiß, wie so etwas passiert. Er habe gut gelebt, sagt er. Nur eben nicht an die Altersvorsorge gedacht.

Mikkelsen hat Biologie und Chemie studiert, dann abgebrochen und sich selbstständig gemacht. Mit buntem Silikon für die Fugen im Bad. Es ist die Zeit, in der die Menschen Farbe für Badmöbel und Fliesen entdecken. „Bermuda-Blau“, sagt er und gluckst. Aber für die Fugen gibt es nur weißes, graues oder transparentes Silikon. Bis Mikkelsen und Kompagnon auftauchen.

Die Firma „läuft eine Zeit richtig gut“: 20 Angestellte, Kundschaft bis nach China, der berühmte Künstler Joseph Beuys bestellt zwei Kartuschen in Gold. Dann werden die großen Hersteller hellhörig.

Den Preiskampf kann Mikkelsen nicht mitgehen. „Bei uns war alles Handarbeit.“ So steht er dann mit Anfang 60 beim Arbeitsamt, durch eine „Krankheitsgeschichte“ noch schwerbehindert. „Da haben die nur mit den Augen gerollt“ und ihn als arbeitslos eingetragen.

Beim Wohnungsamt im Bad Homburger Rathaus hat er Glück, vielmehr Kontakte. Schließlich hat er die Fugen der Taunus-Therme veredelt. Man vermittelt ihm das Apartment an der Bertha-von-Suttner-Straße. Unter einer Bedingung: Er soll den anderen Bewohnerinnen und Bewohnern beim Umgang mit den Behörden helfen. Bei Anträgen bei der Pflegekasse oder beim Jobcenter.

„Was besseres konnte mir nicht passieren“, sagt er. Zumal er so auf die Altenhilfeaktion der Frankfurter Rundschau stößt. Die löse jedes Mal wieder große Freude bei seinen Schützlingen aus.

Der Begriff „Grundsicherung“ bedeute gerade mal die Absicherung vor dem sozialen Abgrund, erklärt Mikkelsen. „Die viel zitierte Teilhabe am öffentlichen und kulturellen Leben lässt sich damit nicht annähernd realisieren.“

Dinge, die in Bad Homburg als selbstverständlich gelten: der Besuch eines Theaters, Kinos, Konzerts, ein Urlaub, eine unvorhergesehene Anschaffung, rezeptfreie Medikamente oder einfach nur der Wunsch nach etwas gehobenerer Körperpflege. Mit Grundsicherung nicht machbar.
Wenn er dann aus der Politik den Spruch höre, man könne doch zur Tafel gehen: Mikkelsen schüttelt den Kopf.

Er ist kein Träumer. Er fordert nicht, die Grundsicherung groß aufzustocken. Aber über eine Kürzung zu reden, findet er zynisch. „Alle, die glauben, dass 562 Euro im Monat zu viel sind, sollten mal mit den Betroffenen reden“, empfiehlt er. Fragen, wie die damit über die Runden kommen. „Ja, die Inflation ist zurückgegangen, aber das merkt man im Rewe nicht.“

Wenigstens mehr informieren müsse man die Menschen, fordert Mikkelsen. „Es gibt ja gewisse Möglichkeiten, seine Lage zu verbessern.“ In Bad Homburg gebe es etwa den Verein zur Unterstützung des kulturellen Lebens. Der verteile kostenlos Restkarten von Kulturveranstaltungen.

Auch der Verein zur Betreuung Volljähriger kümmere sich gut. Der Verein „Schnelle Hilfe in Not“ sei zur Stelle, wenn der Kühlschrank überraschend kaputtgehe. Auch Stiftungen gäben Geld, wenn sie denn wüssten, wo es gebraucht werde. „Das alles erfährt man aber nicht, muss es sich selbst mühsam zusammen suchen.“

Und natürlich gibt es da noch die Altenhilfe der Frankfurter Rundschau. Die leiste „wesentliche Dinge“, wie Mikkelsen lobt: „Sie ist sehr großzügig, sie ist unbürokratisch, und vor allem berücksichtigt sie die Würde der Betroffenen. Es ist gut, dass es sie gibt!“ George Grodensky