Bild: Christoph Boeckheler

Wo er einmal leben wollte, stand für Nathan H. (Name geändert) schon früh fest: Amerika.

AFN, amerikanische Clubs in Frankfurt und das Amerikahaus im Westend hätten seine Lebenseinstellung geprägt, erzählt H.

„Nach dem Abi an einer Höchster Schule hing ich erst einmal herum“, sagt er. Eigentlich wollte er Kinderarzt werden, aber er wollte auch weg, in das Land, über das er aus dem US-Radiosender, den Clubs oder dem Amerikahaus so viel erfahren hatte.

„Letztlich ging ich eines Tages in die Siesmayerstraße und sagte in der Botschaft: ,Ich will eine Greencard haben‘“, erzählt er mit einem Lächeln. Da sei es noch einfach gewesen.

Einen Arbeitsvertrag habe er bereits in der Tasche gehabt. Als Hobbyfotograf bewarb er sich auf die Stellenanzeige einer Filmgesellschaft, die einen Assistenten suchte. „Am 11. Dezember 1962 bin ich im Alter von 20 Jahren ausgewandert“, erzählt H.

Es ging für ihn jedoch nicht nach Hollywood, sondern nach Omaha, Nebraska. Er studierte Betriebswirtschaft und wurde mit 24 Jahren als Kreativdirektor von einer Werbefirma eingestellt. H. heiratete, bekam zwei Söhne und blieb in der Werbebranche.

„So bin ich älter und älter geworden, in Omaha in der Prärie“, sagt der 82-Jährige, dem sich der dortige kehlige Akzent fest in seine jünger klingende Stimme eingeschliffen hat. Hin und wieder purzeln zudem englische Worte in seine Sätze.

„Genau genommen habe ich acht Kinder“, sagt er. Mit seiner späteren Lebenspartnerin habe er neben seinem Wohnhaus ein Haus für obdachlose Kinder und Jugendliche gebaut und sie betreut.

2004 gab es einen Einschnitt im Leben von H. „Meine 96 Jahre alte Mutter rief mich an und sagte, dass ihr Leben wohl bald zu Ende gehen wird“, berichtet H. Er kehrte zurück, um sie zu pflegen. Nachdem sie gestorben war, kaufte er sich jedoch kein Rückflugticket. Er blieb.

Nun lebt er in Dreieich, zufrieden, wie er sagt. Von dem Geld, dass er bei der „social security“ (Sozialversicherung) einzahlte, sieht er hier nichts. „Das kriege ich nur, wenn ich in den USA lebe“, so H.

Mit der Grundsicherung komme er aus. „Mit meinen 82 Jahren bin ich noch fit, fahre täglich mit dem Fahrrad und habe noch nie Medikamente benötigt.“

Sehr dankbar sei er der Frankfurter Rundschau Altenhilfe wegen der Zuwendung zu Weihnachten. „Ich werde mir einen kleinen Fernseher zulegen. Das alte Gerät ist schon länger defekt.“ Detlef Sundermann