Die Zeit der Läuterung beschreibt Hans-Jürgen W. in knappen Sätzen. Dreieinhalb Jahre hat er im Knast gesessen, fünf hatte ihm das Gericht verordnet.
Es war der erste große Rocker-Prozess in den 70er Jahren in Frankfurt, er war 21 Jahre alt, ein „böser Bub“, sagt er im Rückblick. Körperverletzung, Hausfriedensbruch, Sachbeschädigung, da kam einiges zusammen.
„Wer Scheiße baut, muss dafür geradestehen“, so fasst er das heute zusammen. Das hat er gemacht, mehr gibt’s dazu nicht zu sagen.
Hans-Jürgen W. war in Bockenheim in „geordneten Verhältnissen“ aufgewachsen, hatte nach der Schule eine Ausbildung zum Maler und Lackierer gemacht, der Vater war Bauleiter in einem großen Bauunternehmen. Die Eltern hätten immer hinter ihm gestanden, sagt er. Als er in Butzbach inhaftiert war, haben sie die Einzimmerwohnung des Buben im „Kamerun“ nicht weit von der Galluswarte weiter finanziert.
Mit Bewährungshilfe ist er entlassen worden, zwei Tage später habe er schon wieder in der alten Firma in seinem Beruf gearbeitet. Seine Fähigkeiten als Maler und Lackierer waren auch bei der Arbeit im Knast gefragt.
Bis auf die Auszeit in Haft habe er „sein Lebtag lang geschafft“, so Hans-Jürgen W., immer in Frankfurt, ein „waschechter Frankfurter“ halt. Zuletzt im Messebau bis zur Rente mit 65.
Heute ist er 73, die Rente, die er für all seine Mühsal bekomme, sei „deprimierend“ gering. Reiche für die kleine Zweizimmerwohnung draußen in Höchst, aus der er „normal schon längst weg wäre“. Kein schönes Umfeld, keine nette Nachbarschaft, aber gute Anbindung an Bus und Bahn und unschlagbare 450 Euro Miete plus 125 Euro Nebenkosten.
Seit sieben Jahren lebt er dort, mit der Grundsicherung kommt er über die Runden. In Höchst hat W. auch schon vor seinem Einsiedler-Dasein gewohnt. Zuletzt ungefähr 15 Jahre lang mit „einer Bekannten“, die sich um einen Imbiss am Marktplatz gekümmert hat und plötzlich gestorben ist.
Verheiratet war er auch mal nach der Zeit im Knast, etwa neun Jahre lang. Den Sohn (33) trifft er noch, mit der Tochter (45) telefoniert er, die alten Rocker-Kontakte hat er alle abgebrochen.
Ein Mitschüler, zufällig beim Schoppen und Schwätzen getroffen, hat ihn auf die FR-Altenhilfe aufmerksam gemacht. „Eine schöne Einrichtung, das ist in Ordnung, das finde ich klasse“, sagt W. dankbar. Jürgen Streicher