Viele Monate lang hat sie sich kalt geduscht, kalt gewaschen. Sparen ist für Doris F. eine Lebensmaxime.
Die in Usingen wohnende Frau bekommt neben ihrer spärlichen Rente einen Grundsicherungsbeitrag – nach Abzug laufender Kosten bleiben monatlich etwa 200 Euro für Essen, Medikamente, Hygiene.
Gesundheitliche Einschränkungen zählt sie auf: „Zwei neue Knie, eine neue Hüfte, die Galle ist raus, Rücken- und Kopfschmerzen.“ In ein Krankenhaus wolle sie jedenfalls nicht mehr.
Dass sich nahe ihrer kleinen Wohnung zwei Supermärkte befinden, ist hilfreich. Die beiden Töchter, die abwechselnd an Samstagen zum Helfen und Putzen kommen, sind unverzichtbar. „So liebe Menschen sind um mich“, sagt die 75-Jährige, um weinend zu ergänzen: „Ich zehre von guten Worten.“
Ein weiteres „Glück“ ist ein kleines Fiat-Automobil. Für die Altenhilfe-Unterstützung ist Doris F. von Herzen dankbar und freut sich bereits auf die gemeinsame Schifffahrt im nächsten Jahr.
Sie wünschte sehr, die Altenhilfe-Organisator:innen kennenzulernen. Dass sie das ausbezahlte Geld stets zurücklege, sei selbstverständlich. „Sparen, sparen.“
Doris F. wächst in einem Hochtaunus-Dörfchen auf, der Vater trinkt, die Mutter arbeitet auswärts und ist kaum zu Hause. „Ja, ich war eigentlich ein Straßenkind.“
Sie möchte ins Friseurinnenhandwerk, was die Mutter strikt verbietet. Ausbildung, nein – Geld verdienen, unbedingt. Als das Mädchen in einer Köpperner Lederfabrikation beginnt, ist sie 15 Jahre alt.
„Im Zug habe ich dann einen Mann kennengelernt.“ Aufgeklärt sei sie ja nicht gewesen, aber schnell schwanger. Auf eine Muss-Heirat mit 16 Jahren folgen schließlich zwei Töchter und eine unglückliche Existenz.
Als die auf häusliche Pflichten reduzierte Frau mit 30 Jahren auszieht, verlässt sie eine kaputte Ehe mitsamt einem Ehemann, der viel arbeitet, tief ins Glas schaut und ständig Affären hat.
Um sich über Wasser zu halten, geht Doris F. putzen, hat zeitweise fünf Putzstellen, aber auch gute Freundinnen, die nach Kräften aushelfen. „Ich war nie angemeldet, wurde immer bar bezahlt.“
Heute ist die 75-Jährige für ihre Nachbar:innen da, unterstützt ein betagtes Ehepaar. „Die Frau ist bettlägerig, der Mann sehr krank.“ Sie möchte Gutes tun, helfen, wie auch ihr geholfen wurde.
Traurigkeit stellt sich jedoch ein, wenn der Tag zur Neige geht: „Abends bin ich sehr einsam.“ Olaf Velte