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Für Gunther I. war es immer wichtig, sein Leben selbst zu gestalten. Deshalb besteht er auch im Alter darauf, Entscheidungen zu treffen, nach denen er seinen Alltag selbst einrichten kann.

Aufgewachsen in Mühlheim, machte er zunächst eine Schreinerlehre. Einige Jahre arbeitete er im Handwerk, doch als immer mehr Maschinen die Arbeit bestimmten, suchte er nach einem anderen Weg. „Das hat keinen Spaß mehr gemacht“, sagt der 68-Jährige.

Er wechselte in den Verkauf, wurde Teilhaber einer Firma und später Geschäftsführer. 1994 kaufte er schließlich sein eigenes Unternehmen für Fenster und Haustüren. Seine Selbstständigkeit war für ihn die prägendste Zeit: „War auch die nervenaufreibendste, aber man ist ein freier Mensch.“

Achtzehn Jahre führte er den Betrieb, bis die Krise der Baubranche 2002 ihn zur Insolvenz zwang. „Ich habe gekämpft, aber irgendwann ging es nicht mehr.“

Danach musste er neu anfangen. Er ging erneut in den Verkauf, diesmal zu einer Firma aus Fulda – für weitere 18 Jahre. „Deutlich schlechter bezahlt, aber es ging nicht anders.“

Erst mit dem Renteneintritt kam die Ruhe, die er lange nicht kannte. Gewöhnt an jahrzehntelanges Autofahren, wurde ihm das Laufen schwer und er traf eine erneute Entscheidung: sein Auto zu verkaufen.

Heute fährt er Bus und Bahn. Es dauert länger, aber es hält ihn mobil. „Als Rentner hat man Zeit. Und im Bus sieht man Menschen. Das ist mir wichtig.“

Eine konstante Begleiterin in seinem Leben ist die Musik. Seit 50 Jahren spielt Gunther I. Gitarre – Jazz und Blues, täglich ein bis zwei Stunden. „Man bleibt in Übung, und die Gedanken können frei werden.“

Viele Jahre spielte er mit einem engen Freund zusammen, der vor zwei Jahren starb. Heute musiziert er allein, nutzt die Zeit aber, um selbst etwas zu erschaffen.

Finanziell lebte Gunther I. sparsam. Jahrzehntelange Arbeit spiegeln sich in seiner Rente aber kaum wider. „Entweder hat man nichts mehr zu essen den Rest des Monats oder läuft mit kaputten Schuhen herum.“

Die FR-Altenhilfe unterstützt ihn dort, wo es nötig ist: bei Kleidung, Alltagsdingen – und sogar, als seine Waschmaschine an Weihnachten kaputtging.

Auf die Feiertage selbst freut er sich dennoch wenig. „Da ist alles geschlossen. Man kann nirgendwo hin.“

Doch einen dezidierten Wunsch hat er: so lange wie möglich eigenständig bleiben. „Ich kann mir nicht vorstellen, in ein Heim zu gehen. Solange es geht, mache ich weiter.“ Yatasha Bhuiyan