Bild: Rolf Oeser

Sie wollte einmal Lehrerin werden, auch um selbst ein gutes Leben führen zu können.

Das Schicksal stellte Hatice Ö. (Name geändert) jedoch oft ein Bein, privat wie beruflich. Altersarmut begleitet nun ihr Leben. „Manchmal habe ich keine fünf Cent in der Tasche“, sagt die 75 Jahre alte Frau, die seit einigen Monaten zudem um ihr Wohngeld kämpfen muss.

Vor 53 Jahren kam Ö. aus der Türkei nach Deutschland. „Meine Schwester war verheiratet, sie und ihr Mann wohnten bereits in Frankfurt“, erzählt Ö. Nach einigen Monaten sei sie zurückgekehrt, die Ausbildung und ein Bräutigam in spe warteten dort. Doch der Zukünftige hatte sich mittlerweile in eine andere Frau verguckt und Ö.s Mutter war nach einem Unfall pflegebedürftig geworden.

„Ich habe in Papas Obst- und Gemüseladen ausgeholfen und kümmerte mich um Mama“, sagt sie. Um eine Perspektive zu haben und eigenes Geld zu verdienen, ging Ö. abermals nach Deutschland und blieb.

„In Stuttgart arbeitete ich in einer Fernseherfabrik. Die Frauen, die allein waren, wurden in einem Frauenheim in einem Dorf untergebracht. Ein Bus holte uns ab und brachte uns zurück“, erzählt Ö.

Sie habe sich schrecklich isoliert gefühlt. Ihre Schwester habe ihr daher einen Job in einem renommierten Frankfurter Hotel vermittelt. „Dort habe ich alle Arbeiten gemacht“, sagt die Seniorin.

Hatice Ö. heiratete und bekam drei Kinder, berufliche Auszeit. Die Ehe sei schon bald zum Horror geworden. Sie habe häusliche Gewalt erlitten. An Geld habe es wegen ihres Mannes immer gemangelt.

„Er saß den Tag über oft im Café und trank mit Bekannten Tee oder verspielte viel Geld“, sagt Ö. „In dieser Zeit ist mein Leben kaputtgegangen“, sagt sie mit Verbitterung. Die Trennung sei für sie letztlich der Ausweg gewesen.

Um alleinerziehend mit den Kindern über die Runden zu kommen, habe sie oft zwei Jobs zugleich gehabt: Neben der Arbeit im Briefzentrum der Post, wo sie 25 Jahre zumeist abends tätig war, putzte sie am Tag in Firmen. „Von den schweren Tätigkeiten bei der Post sind meine Knie und Schultern kaputtgegangen“, sagt Ö.

„Dass ich seit fünf Jahren Geld von der FR-Altenhilfe erhalte, macht mich sehr glücklich. Ich danke dafür allen, die dazu beitragen.“ Die Zuwendung lindere die finanzielle Not des Alltags etwas.

Trotzdem reicht es nicht für den kleinen Luxus. „Wenn Freunde sagen, komm, wir treffen uns auf einen Kaffee, sage ich aus Scham Nein. Ich fühle mich dann wie eine Bettlerin“, sagt Ö. mit tränenerstickter Stimme. Detlef Sundermann