Renate Hoyer

Verena S. ist vier Mal an der Hüfte operiert worden. Spazieren geht sie nur mit ihrer Tochter oder der Krankengymnastin an den Krücken.

Verena S. zieht der Liebe wegen mit 30 Jahren nach Deutschland. Damals ist sie Lehrerin in ihrer Heimatstadt Prag. Das Ehepaar bekommt zwei Töchter. „Ich bin zu Hause geblieben, weil meine Familie weit weg war und weil es in den 1970ern schwer war, die Kinder irgendwo unterzubringen.“ Ihr Leben lang hatte sie große Probleme mit der Hüfte. „Meine Hüfte saß von Geburt an nicht richtig. Als ich ein Jahr alt war, haben sie meine Hüfte gebrochen, damit sie wieder richtig reinwächst. Aber das ist schiefgelaufen“, erzählt die 81-Jährige.

„Mit 40 Jahren konnte nicht mehr arbeiten, weil da die Hüftbeschwerden so schlimm wurden. Viermal bin ich operiert worden“, sagt sie. Spazieren geht sie nur mit ihrer Tochter oder der Krankengymnastin an den Krücken. „Alleine ist das zu gefährlich.“

Ihr Mann ließ die „Große-Liebe“-Blase platzen. „Er hat immer über andere Männer gesagt, die ihre Frauen für eine jüngere Frau verlassen, das sei so peinlich. Dann hat er genau das gemacht.“ Als er ging, waren die Töchter schon erwachsen. „Er hat mir nie Unterhalt bezahlt. Er sagte, er sei selbstständig und verdiene angeblich zu wenig.“ Sie seufzt.

Nur die Möbel ließ er da. „Die wollte ich eigentlich auch nicht behalten, aber ich bin durch ihn in die Armut gerutscht.“ Sie sagt das nüchtern. Überhaupt ist sie nicht verbittert. „Ich bin doch sehr reich. Ich habe zwei wundervolle Töchter, tolle Freunde.“ Sie liebt gute Bücher und Tschaikowsky. Zweimal zwei Stunden in der Woche telefoniert sie mit ihrem Jugendfreund aus Prag. „Er ist meine beste Freundin.“

Ihre ältere Tochter hat sich in einen Amerikaner verliebt. „Sie besucht mich mit ihrer Familie, wenn das finanziell möglich ist.“ Ihre jüngere Tochter lebt in der Nähe. „Wir sind uns sehr nah. Wenn sie und meine Schwester, die nebenan wohnt, mir nicht Essen geben würden, würde es von meiner kleinen Rente nicht reichen.“

In einem Briefumschlag bewahrt sie das Geld der FR-Altenhilfe auf. „Es ist für den Notfall, wenn mal die Waschmaschine kaputtgeht oder ich einmal im Jahr die Spritze für meine Hüfte brauche, die 500 Euro kostet.“

Morgen hat sie Geburtstag und freut sich auf ihre Gäste. „Ich brauche keinen Alkohol, um meine Gesellschaft zu unterhalten. Da reicht Cola.“ Sie lacht. rose