Bild: Michael Schick

Vor vier Jahrzehnten war die Zukunft für Robert Z. eine leuchtende Verheißung. Gerade hatte der studierte Chemiker ein Produkt entwickelt, das im Handel nicht zu bekommen, ja eine Revolution innerhalb der Baubranche war.

„Silikon-Dichtstoffe in Farbe“, so der heute 66-Jährige zu seiner Erfindung. Zunächst ein Nischenartikel, später der Garant zum Aufbau einer Firma mit 20 Mitarbeitern.

Weil der Erfolg so umsatzträchtig, das Produkt aber „nicht patentfähig“ war, folgte der Absturz in mitleidloser Konsequenz. „Große Hersteller haben die Idee übernommen und uns ins Abseits gedrängt.“ Als die Lage kritisch wird, steckt der in Frankfurt-Bornheim Geborene seine gesamten Ersparnisse ins Unternehmen, will „aufrechthalten“, was längst im Untergang begriffen ist. Robert Z. geht in die Insolvenz, verliert Wohnung, Lebensstil, seine Gesundheit.

Nach dem Gang zum Sozialamt wird ihm eine 35 Quadratmeter große Wohnung in einem Bad Homburger Seniorenstift zugewiesen. Rentenanspruch besteht nicht. Von der monatlich ausbezahlten Sozialhilfe in Höhe von 424 Euro bleiben etwa 300 Euro für den Alltag. „Ich hatte alles verloren.“

Der anschließende Fall in den Alkoholismus wird zu einem Spiel auf Leben und Tod. Ein Arzt greift rettend ein – bewahrt ihn vor dem Ärgsten. Robert Z. gilt danach jedoch als schwerbehindert und „nicht mehr vermittelbar“ in Bezug auf eine neue Berufsära.

Heute hat der technisch versierte Mann mit dem früheren Dasein abgeschlossen, fühlt sich weitgehend gesund und „wird gebraucht“. Im Seniorenstift ist er die gute Seele der Gemeinschaft, engagiert sich ehrenamtlich, handwerklich und organisatorisch für die Nachbarn. Zugute kommen ihm Internet- und Faxanschluss, seine Hartnäckigkeit bei Behördenangelegenheiten. „Ich gehöre zur hiesigen Einsatztruppe.“

„Streng katholisch“ aufgewachsen, findet er sein Glück in der Frankfurter Allerheiligen-Pfarrei, wo er das Spielen der Orgel erlernt und kurzerhand als Organisten-Vertretung eingesetzt wird. Während heute die klassische Musik für ihn im Vordergrund steht, gehören die Jahre zwischen 1965 und 1980 den Rock- und Jazz-Bühnen des Frankfurter Raumes. Für die Lokalausgabe einer namhaften Zeitung schreibt er Konzertkritiken, steht in einer Szene, deren fotografische Zeugnisse sich bei ihm angesammelt haben.

Eine Passion ist dem fast 67-Jährigen auch das „gute Kochen“. Von seiner ersten Altenhilfe-Zuwendung hat er sich einen Gefrierschrank gekauft, in dem „Sonderangebote“ überdauern können. Vorratshaltung ist angesagt – aber auch: „Ich kann aus wenig etwas Schmackhaftes machen.“ Noch immer befindet sich die „teure Kleidung“ aus früheren Glanztagen im Schrank: „Hohe Qualität, die bis heute tragbar geblieben ist.“

Aber ohne die Altenhilfe geht es nicht. „Diese Unterstützung ist eine unwahrscheinliche Erleichterung.“ Demnächst will Robert Z. sich ein Seniorenbett zulegen. Eine Notwendigkeit, um den gereizten Ischiasnerv zu beruhigen. ov