Bild: Bernd Fickert

Ein Schlaganfall stoppte den Tatendrang von Bert P.

Seine Tochter – lange Jahre mit Familie in den Vereinigten Staaten lebend – ist jetzt wieder ins Rhein-Main-Gebiet zurückgekehrt, wohnt ganz in der Nähe. Für Bert P. ist das eine Freude.

Ihre Hilfe im Alltag benötigt der in Krakau geborene und seit langem in Frankfurt ansässige Mann nicht: „Ich versorge mich selbst, gehe einkaufen, koche vegetarisch, habe einen guten Bekanntenkreis.“ Auch gesundheitlich sei er bis auf Zahnprobleme ordentlich beieinander.

Weil der 76-Jährige viele Jahre als freier Dozent gearbeitet hat, ist die Rente nicht ausreichend. „Da kam wenig zusammen“ , sagt er rückblickend. Zu dem Ruhegeld von rund 900 Euro summieren sich 90 Euro an Grundsicherung. Nach Abzug aller laufenden Kosten bleiben zwischen 200 und 300 Monat pro Monat.

Bert P. wohnt seit mittlerweile sechs Jahren in einer Anderthalb-Zimmer-Räumlichkeit innenstadtnah in einer Altenwohnanlage. Strukturiert wie er ist, plant er jeden Tag, teilt sich die Zeiten genau ein. „Es geht halt alles langsamer heutzutage.“

Nach drei gescheiterten Ehen lebt der studierte Bauingenieur derzeit alleine, engagiert sich jedoch ehrenamtlich für Jugendliche und ältere Menschen. „Ich bin in der sozialpädagogischen Lernhilfe aktiv und gebe Kurse zu Yoga und Feldenkrais.“ Wegen der Corona-Situation sei diese Beschäftigung aber vorübergehend ausgesetzt. Für ihn ist klar: „Zu den Grundlagen im Alter zählen Bewegung und Kommunikation.“

Aufgewachsen in Polen, kommt P. im Jahre 1970 als Aussiedler nach Deutschland, wo er zunächst für ein Frankfurter Konstruktionsbüro tätig ist. „Meine damalige Frau war in der Sozialarbeit, was mich sehr interessiert hat“ , sagt er. Nochmals wird also studiert, diesmal in Sachen Psychologie. Fünf Jahre lang absolviert der ehemalige Ingenieur dann Projektarbeit für die Arbeiterwohlfahrt. Er wechselt erneut das Metier und findet in freier Dozententätigkeit an einer Alten- und Pflegeschule seine berufliche Erfüllung.

Alles verändert sich, als 2008 ein Schlaganfall den damals 64-Jährigen aus der Bahn wirft. „Trennung von der Frau, Ruhestand, Geldknappheit“, so Bert P. Auch weiterhin interessiert er sich für Physik, Mathematik, das Soziale – und die körperliche Aktivität. „Ich laufe so viel wie möglich zu Fuß, es ist die beste Medizin!“

Seit vier Jahren wird der Senior von der Altenhilfe unterstützt, was mit einem „sehr gut, sehr wichtig“ kommentiert wird. Die Gabe zum Jahresende 2020 kommt punktgenau: „Mein alter Backofen ist am Kaputtgehen.“ Ein neuer Herd soll her, möglicherweise in gebrauchtem Zustand.

Während der Feiertage – „für das Weihnachtliche bin ich nicht der Typ“ – wird der agile 76-Jährige bei seiner Freundin zu Besuch sein. So ist jedenfalls die Planung. Olaf Velte