Bild: Monika Müller

Die Gymnastikstunden im Turnverein können derzeit nicht stattfinden. Eine Situation, die Karin T. nicht behagt: „Für mich ist Bewegung sehr wichtig.“ Auch ihre Malerei musste sie aufgeben.

Die Frau leidet an Knochenschwund, ist chronisch krank. Regelmäßige Medikamenteneinnahmen müssen durch Zuzahlungen finanziert werden. Sie komme, sagt die Alleinstehende, einigermaßen zurecht – „noch“.

Mit einer 300-Euro-Rente plus Grundsicherung werden die Miete in der Frankfurter Sozialwohnung nebst laufenden Kosten bestritten. „Mir bleiben zwischen 300 und 400 Euro je Monat.“ Die Vegetarierin kocht auf Vorrat, friert ein, nennt ihren textilen Besitz „eine Altkleidersammlung“. Wegen Corona ist das gesellige Element einem betrüblichen Alleinsein gewichen: „Hoffentlich kann unsere Gruppe bald wieder auf Spaziertouren gehen.“

Längst sind familiäre Bindungen abgerissen, bestehen keine Kontakte mehr in die bayerische Heimatregion. Heute lebt die 69-Jährige im ersten Stock auf 46 Quadratmetern, nutzt den kleinen Balkon zur Aufzucht von Kräutern und Tee. Von dem zur Verfügung stehenden Geld lasse sich Kleidung, gar Elektronik nicht bezahlen. „Bei mir darf nichts kaputt gehen.“

Die diesjährige Zuwendung der FR-Altenhilfe soll deshalb zurückgelegt werden – schließlich sind Herd und Kühlschrank in betagtem Zustand. Immerhin gilt es auch, das alte und marode Fahrrad irgendwann zu ersetzen.

1970 ist Karin T. in das Rhein-Main-Gebiet gekommen und hat das Studium an der Goethe-Universität aufgenommen. Während dieser Zeit wird eine „Studentenehe“ geschlossen, die aber nach vier Jahren endet. Als ausgebildete Pädagogin bleiben der jungen Frau nur Stellen auf Basis befristeter Verträge. Sie arbeitet im öffentlichen Dienst, an Volkshochschulen und für Lernhilfen. Als auch diese Phase an ihr Ende kommt, schließt sich ein Engagement in der Marktforschung als Interviewerin an.

Das Fotografieren von Herbstmotiven oder Blumen ist ihr lieb, auf die Malerei muss sie aufgrund des „wenigen Platzes“ mittlerweile verzichten. Zu den bevorzugen Lektüren der Akademikerin gehören Bücher zu Gesundheits- und Psychologiethemen.

Wenn der Advent Einzug hält, wird Karin T. ihre 20 Jahre alte und nie angezündete Kerze aus dem Keller holen, die Dekoration aus dem Ein-Euro-Shop platzieren. Sie pflegt gerne das Brauchtum – und ist der Altenhilfe von Herzen dankbar: „Ohne deren Unterstützung wäre ich nicht mehr über die Runden gekommen.“ Kürzlich hat sie deshalb eine Dankeskarte auf den Postweg gebracht. Olaf Velte