Bild: Michael Schick

„Es muss weitergehen. Ich muss kämpfen!“ Diese Sätze sind zum Lebensmotto von Cornelia R. (Name geändert) worden – und das schon seit ihrer Kindheit.

Heute sind es der Krebs und seine Nachwirkungen, die sich in ihr bescheidenes Leben eingenistet haben. „Ich bin froh, dass ich von der Medikamentenzuzahlung befreit bin und die Sauerstoffflasche nicht bezahlen muss“, die ihre von etlichen Chemotherapien angegriffenen Lungen benötigen. „Und jetzt noch dieses Coronavirus, da kann ich nur noch wenig rausgehen“, sagt sie, ohne zu verzagen.

Früher war für Cornelia R. keinesfalls alles besser. Als sie in einem Dorf im Odenwald das Licht der Welt erblickte, war der Zweite Weltkrieg gerade zu Ende. Deutschland lag in Trümmern und R.s Familie auch. „Mit sechs Jahren hat mich das Jugendamt in ein Kinderheim gesteckt. Meine Mutter hatte uns vernachlässigt“, erzählt R. „Es war eine schwierige Zeit.“

Mit dem Älterwerden musste sie mehrmals das Heim wechseln, bevor R. mit 18 Jahren in die Selbstständigkeit entlassen wurde. „Arbeit fand ich damals in einer Snackbar, wo auch US-Soldaten aßen“, sagt sie. Viele Möglichkeiten zum Geldverdienen habe es nicht gegeben. „Im Heim erhielt ich keine Ausbildung, dort gab es nur Schule und mit dreimonatigen Kursen in Krabbelstube, Küche und Wäscherei die Vorbereitung auf ein Hausfrauenleben.“

Als sie einen GI kennenlernte, sollte R.s Leben eine deutliche Wende bekommen. „Ich wollte nach Amerika, mit ihm nach Chicago. Er war ein netter Kerl“, sagt sie. Die Reise endet für R. jedoch unvorhergesehen in Frankfurt, wo sie eigentlich in das Flugzeug einsteigen sollte. Ihr Reisegeld hatte sie einer Freundin in Not geliehen. „Wer weiß, wozu es gut war, dass ich nicht gereist bin. In Chicago fliegen einem die gebratenen Tauben auch nicht in den Mund“, bemerkt R.

Immerhin konnte sich die 75-Jährige trotz ihrer schlechten Familienerfahrung einen Lebenswunsch erfüllen. „Ich wollte immer viele Kinder haben“, sagt sie. Sieben sind es geworden, von denen sie nunmehr 13 Enkel hat. Aus der eigenen Familiengeschichte heraus hat R. jedoch auf das Heiraten verzichtet. Mit Putzen und Arbeiten in einem Imbiss hat sie ihre Familie über die Runden gebracht.

Die 75-Jährige erhält heute eine geringe Rente in Höhe von 645 Euro und Grundsicherung im Alter, um durch den Monat zu kommen. Nach Abzug der laufenden Kosten bleibt nur ein kleiner Betrag, mit dem sie auch ihre beiden Haustiersenioren versorgt. „Ich freue mich sehr darüber, dass es die FR-Altenhilfe gibt“ , sagt R.

Seit 2016 erhält sie von der FR-Altenhilfe eine Spende zu Weihnachten. „Ich kann mir davon nun den Wunsch nach einer neuen Kaffeemaschine und einem Wasserkocher erfüllen“, sagt sie. Detlef Sundermann