Bild: Georg Kumpfmüller

Im Februar wird Martina O. ihre Wohnung verlieren. Das Altbau-Haus im Nordend soll saniert, den Mietern gekündigt werden.

Eine Situation, die Ratlosigkeit hervorruft und ihr Angst macht. „Ich weiß nicht, wie es weitergehen soll“, sagt die 66-Jährige, deren Leben nach beruflicher Selbstständigkeit und einer „guten Ehe“ in Armut verlaufen ist.

Auf 850 Euro summiert sich eine vom Sozialamt getragene Altersrente. Nach Abzug der laufenden Kosten verbleiben etwa 250 Euro im Monat für den Alltag. Um über die Runden zu kommen, besucht die in Frankfurt-Sachsenhausen Geborene regelmäßig die Tafel und „geht Flaschen sammeln“. Dass sie sich in ihrer 50 Quadratmeter großen Wohnung selbst versorgt, ist für Martina O. selbstverständlich: „Ich bin alleine und mache alles alleine.“

In harmonischen Verhältnissen ist sie groß geworden, im Familienverbund mit sechs Geschwistern. „Der Vater war Busfahrer, die Mutter Putzfrau.“ Beide sind längst verstorben. Das Grab der Eltern wird ebenso zum Ziel von gerne absolvierten Spaziergängen wie die Waldwege im nahen Umland.

In den 70er und 80er Jahren ist die Existenz von der kinderlos bleibenden Ehe und einer Weiterbildung an der Abendschule geprägt. „Die beste Phase.“ Geschult zur Psychotherapeutin, eröffnet Martina O. eine eigene Praxis – ohne an Alterssicherung und Rentenzahlung zu denken. „Geklebt habe ich so gut wie nie.“ Heute spricht sie rückblickend von „einem schweren Fehler“.

Ein Schicksalsschlag ist der Unfall des Ehemannes: Er liegt schließlich für lange Zeit im Koma und stirbt. Martina O. gibt ihren Beruf dann „aus Gesundheitsgründen auf“. Danach arbeitet sie als Bedienung in Kneipen, geht auch Putzen – „dies und das und vieles“. Heute wird die 66-Jährige zuweilen von ihrer Schwester und aus dem eigenen Bekanntenkreis unterstützt.

Unverzichtbare Konstante aber ist die Altenhilfe, die als „ein Traum“ wahrgenommen wird. „Glücklich“ erwartet O. die nächste, die weihnachtliche Zuwendung: „Das Geld benötige ich für eine dringende Zahnbehandlung.“

Auf der Wunschliste steht zudem ein neues Bett, in dem der schmerzende Rücken besser liegen soll. Wegen Arthrosebeschwerden befindet sie sich in ständiger Behandlung. Dem drohenden Auszug und wohnlichen Neuanfang begegnet die Frankfurterin einstweilen mit dem Mut der Verzweiflung: „Irgendwie geht es ja immer weiter.“ Olaf Velte