Bild: Michael Schick

Clara N. (Name geändert) sieht sich als bestes Beispiel dafür, warum Frauen nicht auf ein eigenes Einkommen zugunsten von Familie und Kindererziehung verzichten sollten.

Die 75 Jahre alte, in Mühlheim lebende Frau hatte wegen Kind und Mann ihren Beruf aufgegeben und zwölf Jahre später, nach der Scheidung, plötzlich als alleinerziehende Mutter Geld verdienen müssen. Eine ausreichende Alterssicherung konnte N. sich dadurch nicht mehr aufbauen. Ohne das Wohngeld könnte die Seniorin heute nicht über den Monat kommen.

In Offenbach kam Clara N. zur Welt. „Nach der Volksschule habe ich eine Lehre als Schneiderin bei einem Herrenausstatter begonnen. Wir waren sechs Mädchen und manchmal ging es recht lustig zu“, erzählt N.. Fünf Jahre arbeitete sie in dem Beruf, bis sie mit 21 Jahren schwanger heiratete.

Ihr Mann habe nicht gewollt, dass sie nach der Geburt wieder arbeite. Sich über seinen Willen hinwegzusetzen, hätte wenig genutzt, da der Ehemann den Arbeitsvertrag damals mit unterschreiben musste, merkt sie an.

„Allerdings sagt meine Tochter noch heute, es war schön, dass immer jemand zu Hause war, wenn sie aus der Schule zurückgekommen sei“, berichtet N.. Dass die Tochter es als Erwachsene dann aber anders gemacht hat, findet N. richtig. „Heute würde ich genau so entscheiden“, sagt sie.

Nach der Trennung von ihrem deutlich älteren Mann arbeitete N. zunächst einige Zeit in einer Bäckerei, sieben Tage in der Woche, damit genug Geld hereinkam. Bald fand sie eine Stelle in einem Textilhandel. „Ich wurde nach dem Bewerbungsgespräch sofort eingestellt und verkaufte 15 Jahre lang Jeanshosen“, erzählt N..

„Reich bin ich davon nicht geworden, aber ich konnte mich von dem Gehalt ernähren“, sagt N.. Dass es nicht mehr Jahre geworden seien, lag an der Geschäftsaufgabe, bedauert N.. Trotz vieler Bewerbungen sei es ihr nicht gelungen, mit Ende 50 eine neue Arbeit zu finden. „Somit musste ich bis zur Rente von Hartz IV leben“, sagt sie.

Vor der FR-Altenhilfe erhält N. seit sieben Jahren einen Zuschuss. „Wenn der Brief kommt, bin ich immer den ganzen Tag glücklich“, erzählt sie. Das Geld werde stets sparsam verwaltet. „Mal habe ich mir etwa ein Paar Schuhe gekauft oder bin zu einem Friseur gegangen, aber zu einem preiswerten“, betont sie.

Diesmal, weil Weihnachten bevorsteht, soll auch eine „Kleinigkeit für die beiden Enkel“ eingeplant werden. Detlef Sundermann