Bild: Michael Schick

Sie hatte über viele Jahre hinweg in Vollzeit gearbeitet, aber davon nicht genug im Westen. „Ich kriege nur eine Ostrente, das ärgert mich sehr“, sagt Margitta L. (Name geändert). Die 71-Jährige, die in Maintal lebt, erhält daher Wohngeld, damit die Rente überhaupt bis zum Monatsende reicht.

Margitta L. wuchs in der ehemaligen DDR bei Halle in einfachen Verhältnissen mit einem Familientyrann als Vater auf. „Mein Vater war gegen eine Ausbildung. Ich sollte nach der Schule gleich Geld verdienen“, erzählt L. Eine Arbeit fand sie in einem Werk für Fernsehgeräte.

L.s Gewissenhaftigkeit und Fleiß blieb ihrem Vorgesetzten nicht verborgen. „Sie hatten mir eine Lehre zur Fernsehmechanikerin angeboten“, sagt L.. Diese Chance ließ sich L. nicht nehmen, die Mutter leistete die Unterschrift im Ausbildungvertrag und „danach gab es zu Hause einen Riesenkrach mit dem Vater“. Der gute Abschluss der Ausbildung wurde mit der Übernahme belohnt. L. erhielt sogar eine kleine Werkswohnung.

Im Alter von 20 Jahren heiratete sie und bekam zwei Kinder. „Damals war ich sehr glücklich, alles war so harmonisch. Ich konnte mein Leben leben“, sagt sie. Das Schicksal gab dem Glück jedoch kein langes Haltbarkeitsdatum. Nach 17 Jahren war die Ehe geschieden, weil die Tyrannei auch in ihre eigene Familie schleichend eingezogen war.

„Der Alkoholismus meines Mannes hat alles kaputt gemacht“, sagt L. Sie zog, um vor seinen Nachstellungen zu fliehen, mit den Kindern in eine andere Stadt und fand dort Arbeit in einer Fabrik.

Mit dem Fall der Mauer kam auch für L. die Wende. Sie folgte ihren mittlerweile erwachsenen Kindern in den Westen, „ im Osten gab es zunehmend keine Arbeit mehr“. Im Rhein-Main-Gebiet fand L. einen Job bei einem Versandhaus, später bei einem Autozulieferer – und dann ereilten L. obendrein mehrere schwere Erkrankungen.

Aber auch dadurch ließ sie sich nicht unterkriegen. „Die FR-Altenhilfe, die ich seit 2019 zu Ostern und Weihnachten erhalte, ist für mich eine wichtige Stütze“, sagt Margitta L. Von dem Geld habe sie sich etwa einen neuen Mantel leisten können, der alte sei nach Jahren des Tragens verschlissen gewesen.

Was sie sich mit der aktuellen Zuwendung kaufen wird, steht noch nicht fest. „Ich brauche neue Stiefel und etwas Unterwäsche“, überlegt L.  Detlef Sundermann