Bild: Bernd Fickert

In manchen Wochen seien es locker 60 Stunden gewesen, in denen Bodo U. im Geschäft stand oder auf Kundenbesuch war, um dort die Ware etwa im Wohnzimmer auszulegen, damit vor Ort betrachtet werden konnte, ob sie zu Raum und Möbel passe oder nicht.

Für ihn galt stets: „Der Kunde ist König.“ Und wenn der Kunde nur am Wochenende Zeit hatte, dann wurde er auch am Wochenende bedient. Bodo U. (Name geändert) hatte das Teppichgeschäft seines Vater übernommen und ging ganz und gar in dem Beruf auf. „Der Laden für Orient- und Maschinenteppiche war an der Zeil, und wir hatten eine gute Kundschaft“, erzählt er.

Als der Vater, der in der Nazi-Diktatur das Konzentrationslager überlebt hatte, 1988 verstarb, führte Bodo U. das Geschäft, in dem er das Metier gelernt hatte, mit zwei Angestellten weiter.

Der Übergang sei reibungslos gelaufen, aber vor 16 Jahren sei aus heiterem Himmel eine tiefe Zäsur erfolgt. „Mit 50 Jahren erlitt ich einen Herzinfarkt. Ich machte doch immer Sport und fühlte mich stets gesund. Ich konnte das gar nicht verstehen“, erzählt er.

„Von heute auf morgen stand ich vor dem Scherbenhaufen meines Leben“, so Bodo U.. Operation, Reha, arbeitsunfähig sein und nun zusehen, wie das Dasein weiter finanziert werden kann, diese Themen bestimmten sein Leben. Seine Ehefrau konnte die Familie nicht versorgen, sie hatte sich über die Jahre um die drei Kinder und den Haushalt gekümmert.

Das Geschäft wurde aufgegeben, ein erneuter Generationenwechsel sei nicht zustande gekommen. „Mein Sohn hatte kein Interesse. Er hatte sich beruflich früh anders orientiert.“ Bodo U. musste beim Sozialamt und im Jobcenter zur Sicherung des Lebensunterhalts vorsprechen. „Das war für mich wie eine andere Welt, wie ein Weltuntergang“, sagt er.

Wegen seiner Erkrankung fand er keine Arbeit mehr. „Seitdem lebe ich von Hartz IV und jetzt von Grundsicherung im Alter.“ „Mein Vater hatte mir immer gesagt, zahl’ freiwillig in die Rentenkasse ein. Aber man war damals jung und dumm. Das Geschäft lief, und es wurde genug Geld verdient“, resümiert U..

Seit einem Jahr erhält er von der FR-Altenhilfe zu Ostern und Weihnachten eine Zuwendung. „Ich freue mich jedes Mal darüber“, betont er. Von der Grundsicherung allein könne man eigentlich gar nicht leben. Das erhaltene Geld wolle er für Esswaren verwenden. Wegen der aktuell allgemein steigenden Preise sei für ihn das Leben noch entbehrungsreicher geworden.

Zusätzliche Lebensmittel von der Tafel wolle er jedoch nicht. Ein bisschen wegen seines Stolzes, aber vor allem, weil es nicht wenige Menschen gebe, die die Tafel mehr benötigten als er, denen wolle er nichts wegnehmen. Auch weil er als Hobbyangler mit ein bisschen Glück für einen Leckerbissen auf seinem Tisch sorgen könne – mit einem Fisch aus der Nidda. Detlef Sundermann