Bild: Michael Schick

Zur Tafel will Veritas A. (Name geändert) auf keinen Fall, um ein paar Lebensmittel mehr im Kühlschrank stehen zu haben. „Ich muss jetzt sehen, wie ich im Monat mit dem vorhandenen Geld aus der Grundsicherung über die Runden komme“, sagt die Rentnerin ohne Selbstmitleid.

Noch vor ein paar Jahrzehnten hätte sich A. keine Vorstellung von ihrem heutigen Leben machen können. Sie konnte beruflich anpacken und war ein Leben lang sportlich ambitioniert. „Ich sehe nicht wie eine natürliche 70-Jährige aus“, sagt sie mit einem Lächeln und verweist darauf, dass sie mal Kickboxen gemacht hat.

Veritas A. war drei Jahre alt, als ihre Eltern von Halle an der Saale in der einstigen DDR nach Offenbach zogen. Dort absolvierte sie die Hauptschule. „Das war damals der übliche Schulabschluss“, sagt sie. Die Ausbildung zum ersehnten Beruf Schauwerbegestalter durfte sie wegen des Vetos der Eltern nicht ergreifen. Es blieb ihr der Einzelhandel.

Nach der Lehre stand jedoch Familie an. „Ich lernte einen Fußballprofi von Kickers Offenbach kennen, wir heirateten und bekamen eine Tochter“, erzählt A.. Der Profi wurde von einem Berliner Verein verpflichtet, die Familie zog mit, danach ging es für fünf Jahre nach Belgien – bedingt glückliche Jahre, die Ehe wurde in dieser Zeit geschieden. „Danach habe ich nie mehr geheiratet. Es waren keine schlimmen Jahre, aber es war eine Erfahrung“, berichtet A..

Nach der Trennung fand die Alleinerziehende eine Stelle im Verkauf bei einem „großen Offenbacher Kaufhaus“. Fünf Jahre später erfolgte der Aufstieg zur Filialleiterin einer Boutique. Eine Arbeit, die sie einige Jahre ausübte, bis ein weiterer Mann in Veritas A.s Leben trat. „Wir eröffneten ein Fitnessstudio, das sehr gut lief“, sagt A.

Nach 20 Jahren lief es jedoch privat nicht mehr gut, Trennung und Schließung des Studios kamen zusammen. A. musste die Kapitaleinlage ihres einstigen Lebensgefährten auszahlen. „Damit waren die Rücklagen für das Alter weg“, sagt die einstige Unternehmerin.

Für Veritas A. ist heute ein Leben im Sparmodus angesagt, sie lebt in einer kleinen Zwei-Zimmerwohnung unter dem Dach. Eine Zuwendung von der FR-Altenhilfe erhält sie nicht zum ersten Mal. „Ich freue mich immer auf das Geld“, sagt sie.

Sie wird es vor allem für die Rechnungen brauchen, die zum Jahresende anfallen, wie Strom und Versicherung. Und für ihren kleinen Hund bleibe auch noch was übrig. Jammern über ihre Lebenssituation ist aber gar nicht A.s Sache. „Jeder muss seinen Weg gehen“, sagt sie. Detlef Sundermann