Bild: Bernd Fickert

Genügsamkeit ist jene Tugend, die das gesamte Leben von Ulla O. grundiert und gerade im Alter gewichtige Bedeutung erlangt hat.

Etwa 250 Euro bleiben der in der Frankfurter Nordweststadt wohnenden Seniorin, um die monatliche Strecke zu bestehen. „Eine kleine Rente, aufgestockt durch die Grundsicherung“, so nennt die 82-Jährige ihre finanzielle Basis.

Seit 58 Jahren bewohnt die Mutter von drei Kindern dieselbe Dreizimmerwohnung, entrichtet heute eine Miete in Höhe von 550 Euro. Noch immer wird hier „frisch gekocht“, vorzugsweise mit Gemüse-Zutaten.

Ulla O., die bis ins Alter gerne geschwommen ist und geturnt hat, ist seit einem schweren Unfall vor wenigen Jahren stark gehbehindert. „Beim Anfahren der U-Bahn bin ich damals gestürzt, der Lendenwirbel war zertrümmert.“ Es folgten weitere Stürze, weitere Operationen.

Unter Schmerzen hält sie ihren Haushalt am Laufen, verzichtet noch immer auf externe Hilfsleistungen. Weil die Rente von Anfang an kaum zum Überleben gereicht hat, unterstützt die Altenhilfe sie seit knapp drei Jahrzehnten. Es sind die dringend benötigten „Notgroschen“, die Ulla O. mit Dankbarkeit erfüllen. „Und zum Christfest sind sogar noch Geschenke für die fünf Enkel drin.“

Längst hat sie den Traum einer Amerika-Reise begraben. Früher habe sie viele Städtefahrten in Deutschland unternommen, erzählt Ulla O., für die eine vor Jahren unternommene „Pilgerreise nach Israel“ zum erlebnisreichen Höhepunkt geworden ist. Von den schönen Erinnerungen zehrt sie noch heute.

Arme Verhältnisse sind Gewohnheit seit Kindesbeinen. „Wir haben gehungert.“ In Sonnen, der höchstgelegenen Gemeinde im Landkreis Passau, geboren, führte sie der Berufsweg schon mit 14 Jahren in ein Nonnenkloster und darin zu einer Ausbildung zur Haushälterin. Ein Krankenhaus und ein Altersheim in München waren weitere Stationen, bevor eine Krankheit die Lehrzeit plötzlich beendete.

Ulla O. arbeitete schließlich in der Fertigung des Stuttgarter Herstellers Leitz, wechselte nach Aachen, wo die Schwester lebte. Sie verdiente ihr Geld als Kellnerin an einem Ort, wo „Karneval und Kartoffeln das wichtigste sind“.

Frankfurt am Main wurde mit der Eheschließung endlich zum Daseinsmittelpunkt. Die wachsende Familie lebte zunächst bei der Schwiegermutter unter beengten Verhältnissen, konnte sich aber nach langer Wohnungssuche in der neu erbauten Nordweststadt ansiedeln. 1981 war die Ehe am Ende und wurde geschieden.

„Ich habe danach alleine gelebt.“ Die stabilen Kontakte zu den Nachkommen sind eine Konstante und werden auch die anstehenden Weihnachtstage prägen: „Dann kommen sie alle hierher.“ Eine selbst zubereitete Gans soll zum Fest den Esstisch schmücken. Olaf Velte