Bild: Georg Kumpfmüller

Noch immer besteht das Ladengeschäft, noch immer gehen Kund:innen ein und aus. Doch Götz A. ist der Zutritt verwehrt – obwohl es nur wenige Schritte bis zu seinem einstigen Refugium sind.

„Meine Frau und ich haben Wohnrecht im ersten Stockwerk, dürfen aber die im Erdgeschoss befindliche Metzgerei nicht mehr betreten.“ Was der 80-Jährige als „familiäre Sache“ bezeichnet, ist ein Auseinanderbrechen vormals funktionierender Strukturen.

Die Rente des in Bad Soden lebenden Ehepaares beträgt etwa tausend Euro, zu der sich noch die Grundsicherung addiert. Nach Abzug der laufenden Kosten – „mein Krankenkassenbeitrag ist sehr hoch“ – bleiben monatlich 300 Euro, die vornehmlich der täglichen Ernährung zugutekommen. Sonderangebote prägen den Speisezettel – Hausmanns- statt Feinkost ist die Regel.

Neue Kniegelenke und Diabetes sind für den Senior vernachlässigbare Unannehmlichkeiten. „Wir sind froh, dass wir den Haushalt ohne fremde Hilfe bewältigen können.“ Bewegungsmäßig funktioniere noch alles. So gut, dass Götz A. und seine 79-jährige Ehefrau vertrauten Bekannten bei der Gartenarbeit helfen können. Das Finanzielle aber belastet: „Um die karge Kassenlage aufzubessern, haben wir vor geraumer Zeit sogar ererbte Schmuckstücke verkauft.“

1966 hat der gebürtige Bad Sodener einen Metzgerbetrieb gegründet und mit Fleiß und Lust am Handwerk ausgebaut. „Mein Traumberuf.“ Innerhalb von 27 Jahren gesellen sich zum Stammhaus noch zwei Filialen, wächst der Personalstamm auf 15 Mitarbeiter. „Für unsere Qualitätsware bekamen wir regelmäßig Auszeichnungen“, so der frühere Innungsprüfer und Ausbilder.

Ende der 1990er Jahre wird im großen Stil gebaut, „ein Riesenkasten“ in der Ortsmitte errichtet. Die Kosten sind hoch, die Schulden schließlich auch. Trotz der Belastungen herrscht Harmonie im Familienunternehmen, Vater und Sohn arbeiten Hand in Hand und mit gemeinsamem Ziel.

Götz A. übergibt den Betrieb an den Nachkommen – und findet sich plötzlich außen vor. „Unser Verhältnis war mit einem Male zerrüttet, ja zerbrochen.“ Den Eltern bleibt das Wohnrecht im Zweifamilienhaus.

Mittlerweile hat sich das Rentnerpaar mit der Situation abgefunden. Immerhin wohnen viele Bekannte in der näheren Umgebung. „Da machen wir gerne einen Spaziergang durchs Quartier.“ Willkommen ist stets die „große Unterstützung“ der Altenhilfe. Demnächst stehen neue Winterschuhe auf dem Einkaufszettel. Olaf Velte