Bild: Monika Müller

Ihr bescheidenes Leben und ihr eigene Gesundheit spielen plötzlich keine Rolle mehr, wenn Senta H. (Name geändert) von dem Zustand ihrer Schwester in den USA erzählt.

„Das macht mich sehr traurig und zugleich wütend“, sagt die 77-Jährige. Trotz einer fortgeschrittenen Krebserkrankung werde dort der Schwester nicht angemessen geholfen. Ein Leben mit Kummer, Nöten und harter Arbeit, das legte das Schicksal H. offenbar in die Wiege.

In einem Odenwalddorf kam Senta H. als eines von sieben Kindern ihrer Eltern zur Welt. Der Krieg war gerade zu Ende gegangen. Die Familie sei schon bald zerbrochen. „Wir Kinder sind in Heimen groß geworden“, sagt H.

„Darunter leide ich noch bis heute“, bemerkt sie. Dann kam H. in eine Pflegefamilie. „Es war ein Bauer, für den ich schuften musste“, sagt sie und fügt an: „Ich hatte keine Kindheit.“

Nach der Volksschule habe es weiterhin nur die Arbeit auf dem Bauernhof für sie gegeben. Eine Ausbildung sei nie infrage gekommen. Erst mit der Volljährigkeit begann für Senta H. ein eigenständiges Leben. Sie ging nach Frankfurt.

„In der Gastronomie fand ich eine Arbeit“, sagt sie. Auch jobbte sie bei der US-Army. Dann wurden die Kinder geboren, die sie ohne einen Trauschein mit dem Vater großzog. „Nach den Erfahrungen meiner Kindheit habe ich mir früh geschworen, nie zu heiraten“, begründet H. ihren Schritt. Von da an war sie Hausfrau und Mutter, die „ihren Kindern alles ermöglichte“.

Dass sie heute von der Grundsicherung im Alter einschließlich einem Krankengeld ihr Leben bestreitet, ist für die Seniorin nicht das größte Übel. Vor einigen Jahren entdeckten Ärzte bei ihr eine lebensbedrohliche Erkrankung, die eine lange und sehr belastende Therapie erfordert habe.

Das Gehen falle ihr seitdem schwer. „Und dann ist mir vor einiger Zeit mein kleiner Hund gestorben, das war schrecklich“, sagt H. „Mein Sohn hat mir nun einen neuen geschenkt.“ Jetzt kann sie wieder öfter vor die Tür gehen.

Seit sechs Jahren erhält H. zu Ostern und Weihnachten eine Zuwendung der FR-Altenhilfe. „Ich bin dankbar für das Geld“, sagt H. Sie verwendet es für Einkäufe und andere Alltagsversorgungen. Auf eine neue Garnitur Bettwäsche verzichtet Senta H., solange es geht, weil das Geld dafür nicht reiche. Detlef Sundermann