Bild: Christoph Boeckheler

Gut, dass es „Snow“ gibt. Das Hündchen – ein Malteser – hält Hedwig M. in Bewegung und sorgt für Ablenkung im mühsamen Alltag. „Da komme ich wenigstens vor die Tür“, erzählt die in Rödelheim wohnende 78-Jährige.

Heimstatt der Seniorin ist eine Dreizimmerwohnung, für die regelmäßig knapp 300 Euro an Miete fällig sind. Die Rente in Höhe von rund 700 Euro wird durch die Grundsicherung aufgestockt. „Nach Abzug laufender Kosten bleiben 50 bis 80 Euro pro Woche.“ Damit komme sie gerade so über die Runden, sagt die Frau, die aus dem Odenwald stammt und seit langem in Frankfurt lebt.

Eine Krebserkrankung ist zwar überstanden, aktuell plagen jedoch Schilddrüsenprobleme. „Ich habe Pflegestufe 4 und bin viel bei Ärzten“, sagt sie. Längst könne sie nicht mehr alles essen, ernähre sich vorwiegend von Joghurt und Kartoffelbrei. An der Körperpflege will Hedwig M. jedenfalls nicht sparen: „Wegen meiner empfindlichen Haut kann ich nur gute Produkte verwenden.“

Ein schwerer Lebensweg ist ihr bereits als Kind vorgezeichnet. Mit zwei anderen Geschwistern wird die Sechsjährige vom Jugendamt aus der mütterlichen Obhut genommen. „Ja, ich bin ein Heimkind.“ Hedwig M. verlässt mit 18 Jahren die Fürsorgeeinrichtung und beendet ein „Haushaltsjahr“ ohne Abschluss. Sie will „auf eigenen Füßen stehen“, ihr Leben selbst organisieren.

Eine ältere Dame stellt ihr ein Gartenhäuschen als Wohnung zur Verfügung. In der Standortverwaltung der damals in Frankfurt ansässigen US-Streitkräfte findet die junge Frau schließlich Arbeit. „Mein erstes Geld habe ich in einer amerikanischen Snack-Bar verdient.“ Weitere Stationen im Dienst der Militärbehörde schließen sich an, darunter auch Jobs in Hotels und Krankenhäusern.

Für das Alter zurücklegen kann sie nichts. Hedwig M., die sich niemals in einer Ehe einengen lassen wollte, wird Mutter von sieben Kindern. Einsamkeit kennt sie nicht, steht bis heute mit ihren Kindern, Enkeln und den verbliebenen Geschwistern in gutem Kontakt.

Wenn „Snow“ nicht zum Gang durch Rödelheim auffordert, sorgen Fernsehserien und Nachrichtensendungen für Abwechslung. Im zweiwöchigen Turnus bringt eine ihrer Töchter regional erzeugte Lebensmittel zu ihr ins Haus. Seit 2016 unterstützt die Altenhilfe. „Darüber“, so die 78-Jährige, „bin ich sehr dankbar und voller Freude.“

Derzeit wird die Anschaffung einer neuen Matratze erwogen – „immerhin stammt das Bett noch aus dem Elternhaus“. Gefragt nach dem schönsten Erlebnis 2023, schwärmt Hedwig M. von der im vergangenen Juli durchgeführten Altenhilfe-Schifffahrt. „Ach, das war wunderbar!“ Olaf Velte