Bild: Renate Hoyer

Das Schicksal hat es mit Hartwig M. (Name geändert) wenig gut gemeint. Schon im Kleinkindalter erkrankt er an Kinderlähmung, die er zwar im siebten Lebensjahr weitgehend überwunden hatte (er konnte wieder gehen), aber sein Bruder war inzwischen gestorben.

Ein Impfstoff gegen Polio sei eben erst viel später auf den Markt gekommen, berichtet M. Die Trauer der Eltern darüber sei so groß gewesen, dass die Familie den Ort der Erinnerungen verlassen habe, so M. Die Familie sei Mitte der 1950er Jahre von München nach Frankfurt gezogen.

„Nach der Volksschule begann ich eine Ausbildung im Teppichgeschäft meines Vaters“, erzählt M. Eine andere Berufsmöglichkeit habe sich wegen der Poliomyelitis und der damit verbundenen späten Einschulung nicht ergeben. Nach dem Tod des Vaters habe er den Betrieb mit der Mutter weitergeführt.

Mitte der 70er Jahre sei auch sie gestorben. Damit sei das Geschäft endgültig geschlossen worden. M. machte einen neuen Betrieb für Teppichwäsche und -reparatur auf, der lange ertragreich lief. „2011 musste ich jedoch schließen. Die Zeiten hatten sich geändert. Es gab nicht mehr ausreichend Aufträge, um die Gehälter und die Miete für die Geschäftsräume zu zahlen.“

Sein Verdienst, mit dem er eine vierköpfige Familie ernähren musste, war ohnehin eher schmal. Heute benötigt M. Grundsicherung im Alter. Über die FR-Altenhilfe, die er seit 2013 bekommt, ist er glücklich. Wenn die Familien der beiden Töchter an Feiertagen zu Besuch kommen, könne er von der Zuwendung etwa genug Essen einkaufen.

„Kleidung oder irgendwelche Sachen brauche ich nicht“, sagt er. Hobbys habe er ohnehin keine. „Ich bin froh, wenn ich meine Einkäufe noch erledigen kann.“ Die Kinderlähmung habe wohl nie ganz seinen Körper verlassen, vermutet M. Gleichwohl sei er als Schwerbehinderter nicht anerkannt worden, bedauert er.

Was ihm schmerzlich fehle, könne er ohnehin mit keinem Geldbetrag zurückerhalten: seine Frau. Sie sei im Sommer gestorben. „Da fehlt einem was“, sagt M., der das ganze Gespräch über „wir“ gesagt hat. „Ich habe es immer noch drin; nach 56 Ehejahren kann man sich nicht so leicht umstellen“, sagt der Witwer. Detlef Sundermann