Bild: Peter Jülich

Irgendwie blieb im Leben von Lioba D. immer alles unrund. Vom Aufwachsen zwischen den Welten mag sie gar nicht viel erzählen. Die Mutter stammte aus Schlesien, der Vater aus der Schweiz.

Geboren in Bayern, „aufgewachsen in Deutschland“, sagt sie, eigentlich fühlt sie sich als Schweizerin, die sie aber nie geworden ist. Wenn sie in Gedanken zurück durch die Gegend schweift, zeigt auch das ihre frühe Zerrissenheit. Zwischen Bodensee und Niedersachsen, später Frankfurt, weil der Vater in Eschborn zu tun hat und sie am Main Anfang der 70er Jahre ein Lehramtsstudium beginnt.

Bis zum Referendariat kommt es nicht, „das konnte ich nicht machen“. Die heute 72-jährige spricht ausweichend darüber, es sei „nicht so gut gelaufen“ an der Uni. Dann kam überraschend auch noch eine „Studentenehe“ dazwischen.

Viel zu jung seien sie gewesen, beide gerade mal 24 Jahre alt. Auch die lief nicht so gut, nach acht Semestern war es vorbei, die Ehe kinderlos, sie hat nie wieder geheiratet. „Das hat sich nicht mehr ergeben“, sagt sie nüchtern.

Auch im weiteren Leben ging es hin und her für die Frau, die so lebhaft klingt, wenn man mit ihr spricht. Kunsterziehung und Englisch war ihre Idee vom Lehrerinnendasein, qualifiziert hat sie sich für Erwachsenenbildung und außerschulische Jugendbildung, erzählt sie. Und Sonderpädagogik an Lernhilfsschulen. Hier und da gab es Jobs, aber immer in befristeten Verhältnissen. Auch im Ausland hat sie sich beworben, aber „das hat nicht geklappt“.

Irgendwie blieb in Lioba D.s Leben immer alles unrund. Und plötzlich kam das Älterwerden immer näher, war die Zeit der Versuche vorbei. In Frankfurt hat sie sich festgebissen, lebt in einer kleinen Zwei-Zimmer-Wohnung nahe der Friedberger Warte auf dem einstigen Atterberry-Gelände.

Geld hat sie nicht, schon gar nicht ein Sparkonto, sie muss mit einer kleinen Rente auskommen, erhält staatliche Absicherung. Maximal 500 Euro bleiben fürs Leben, wenn die Miete bezahlt ist.

Dank der FR-Altenhilfe, an die sie kurz vor Corona durch einen Bekannten gekommen ist, kann sie sich wenigstens kleine Freuden leisten, eine einfache Fotokamera etwa für ihr Hobby. Kürzlich hat sie sogar ein paar Fotos ausgestellt.

Dass sie von der Weihnachtshilfe eventuell ein bisschen was zurücklegen kann für einen neuen Herd oder einen neuen Fernseher, macht sie „total glücklich“. Und dass sie kürzlich auf Einladung der FR eine Friedrich-Stoltze-Revue der Volksbühne besuchen konnte. Jürgen Streicher