Bild: Renate Hoyer

Die Spende der FR-Altenhilfe kommt für Jutta P. (Name geändert) zum richtigen Zeitpunkt. Mit dem Geld will sie sich einen Wunsch verwirklichen, auf den sie bislang vergeblich zu sparen versuchte: den mehr als 20 Jahre alten, verbrauchten Sessel in ihrer kleinen Wohnung gegen einen neuen zu tauschen.

Dass sie einmal in Altersarmut und mit Wohngeld leben muss, hätte sie sich vor gut 50 Jahren nicht vorstellen können.

Die heute 80-Jährige kam in Heidelberg zur Welt und absolvierte dort nach der Schule in einem Haushaltswarengeschäft eine Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau. Mit dem Abschluss in der Tasche verschlug es sie 1961 nach Frankfurt, wo sie eine Anstellung bei einem Kreditkartenunternehmen fand.

Später wechselte sie zu einer Versicherung, wo sie ihren künftigen Mann kennenlernte. „Das war damals eine exotische Ehe“, erzählt sie. Nicht nur, weil er 19 Jahre älter war, sondern der Jurist ohne Anerkennung seines Abschlusses in Deutschland kam aus Indonesien.

Mit einem Lächeln bemerkt P., dass sie nicht das konservative Frauenbild ihrer Zeit annehmen wollte. „Wir waren ein bisschen verrückt, eben die 68er-Generation“, sagt sie. Als ihr Mann, der unter anderem auch Spanisch sprach, vorschlug, eine Zukunft auf Teneriffa aufzubauen, zögerte P. nicht lange, um mit Kind, einem Sohn, und Kegel den Auswanderungsplan zu verwirklichen.

Ihr Mann eröffnete ein kleines Restaurant, sie eine Boutique. Nach vier Jahren endete der zur Realität gewordene Traum jäh. „Die Ölkrise Anfang der 70er Jahre setzte uns schwer zu“, sagt die Seniorin. Aber auch das Heimweh sei immer größer geworden.

„Bei der Rückkehr nach Frankfurt haben wir vom Amt sofort eine Wohnung bekommen“, lobt sie die Unterstützung der Stadt. Allerdings lief es beruflich für das Paar nicht so gut an. Seine Stelle als Übersetzer bekam er nicht mehr. „Er arbeitete in einem Reisebüro, das unter Tarif bezahlte“, sagt Jutta P..

Sie selbst kam in einem Warenhaus im Verkauf unter. Um die dreiköpfige Familie besser versorgen zu können, nahm sie einen Halbtagsjob in der Verwaltung einer großen Baufirma an. Das Unternehmen schlitterte jedoch noch vor P.s Renteneintritt in die Pleite. Zu alledem verstarb Ende der 90er Jahre ihr Mann.

„Heute komme ich gerade über die Runden. Ich versuche, das Beste daraus zu machen“, sagt Jutta P. Zu den notwendigen Ausgaben kommen Kosten für Medikamente wegen ihrer Gelenkerkrankung hinzu. „Die Kassen zahlen auch nicht alles. Ich könnte einen Befreiungsausweis beantragen, aber der kostet ja auch wieder Geld“, sagt sie.

Wegen ihrer Erkrankung kann sie nur eingeschränkt gehen. „Ich war früher sportlich und nahm viel an Ausflügen des örtlichen Sportvereins teil“, berichtet die 80-Jährige.

Einsamkeit kennt sie dennoch nicht. „Allein fühle ich mich jetzt am wohlsten. Die Gleichaltrigen sind mir außerdem oft zu altbacken“, sagt die Alt-68erin. Detlef Sundermann