Bild: Renate Hoyer

Christine E. denkt gerne an die gemeinsame Zeit mit ihrem Mann und ihre Arbeit als Verkäuferin zurück.

In diesem Jahr feiert Christine E. zum ersten Mal das Weihnachtsfest mit Altenhilfe-Zuwendung. „Ach, ich brauche eine neue Winterjacke, auch ein Paar feste Schuhe.“ Die Adventswochen sind für die 79-jährige Frau eine wichtige Zeit im Jahreskreis. Wie immer wird eine festliche Atmosphäre in die kleine Wohnung einziehen, sind das Stellen des Christbaumes und das Hängen bunter Kugeln traditionelle Freuden.

Auf Rosen ist die im österreichischen Steyr geboren Seniorin nicht gebettet, bleiben doch nur knapp 200 Euro für die monatliche Existenz. „Ein Loch stopft das andere.“ Vor Monaten hat ihr Kühlschrank den Dienst quittiert – ein kaum zu bewältigendes Dilemma.

Die Rente von rund 900 Euro wird durch die Grundsicherung zusätzlich gestützt, alleine für die Miete in dem Darmstädter Privathaus werden regelmäßig 600 Euro fällig. Noch immer wohnt Christine E. in jenen Räumlichkeiten, in denen ihr Ehemann vor einigen Jahren verstorben ist. „Nach zwei Jahrzehnten glücklichen Beisammenseins war das ein sehr schwerer Schlag“ , erzählt die von Diabetes, Bluthochdruck und einem Rückenleiden geplagte Oberösterreicherin. Mittlerweile ist E. auf einen Rollator und die Tafel angewiesen. „Wegen der vielen Bedürftigen gibt es dort immer weniger“ , sagt sie.

Obwohl der Kreis an Bekannten klein ist, beklagt sie sich nicht über Vereinsamung. Dafür gebe es keinen Grund. Hin und wieder, so erzählt die 79-Jährige, engagiere sie sich ehrenamtlich bei der Kirchengemeinde, stehe zudem mit einer Freundin in der alten Heimat in gutem Kontakt.

Behütet wächst die Tochter einer deutschen Mutter und eines österreichischen Vaters auf, schwärmt noch heute von der „Oma, die mir viel mitgegeben hat“ . Kaum volljährig, folgt Christine E. dem Ruf des Herzens und kommt im Gefolge eines Jünglings nach Deutschland. „Der hat mich bei meiner Tante in Pfungstadt abgeliefert – und dort nie mehr abgeholt.“

Mit 21 Jahren tritt sie eine Bürotätigkeit im Fernlehr-Institut Kamprad an, wo die Liebe erneut aufflammt. Das Paar zieht nach Darmstadt, trennt sich aber nach einer zehn Jahre dauernden Verlobungsphase. Christine E. wird daraufhin selbstständig, arbeitet als Verkäuferin eines Taschen-Sortiments auf Provisionsbasis. Ihre Wirkungsstätten sind die damals florierenden Einkaufstempel von Karstadt, Kaufhof und Quelle. „Eine sehr schöne Zeit war das“ , erinnert sie sich.

Im 58. Lebensjahr findet sie endlich das Glück der Zweisamkeit, heiratet – und verdient als Aushilfe in einer Spielhalle noch etwas Geld zum Lebensunterhalt dazu. Heute schöpft die alleinstehende Witwe aus einem Schatz froher Erinnerungen. Auch Langeweile kennt das neue Mitglied der Altenhilfe-Gemeinschaft nicht: “ Ich lese sehr gern, höre Musik und begeistere mich für einige Fernsehsendungen.“ Olaf Velte