Für viele ältere Menschen ist das Leben nicht nur körperlich beschwerlich, sondern auch finanziell. (Bild: dpa)

Immer mehr alte Menschen in Deutschland sind von Armut bedroht. So bitter und erschreckend diese Nachricht ist, so sehr ist sie leider auch Gewohnheit geworden. 

Seit Jahren steigt der Anteil jener älterer Menschen, die Grundsicherung beantragen müssen. 2019 gab es einen Rekordwert bei Personen, die Grundsicherung im Alter beantragen mussten. 2020 war der Rekord schon wieder gebrochen – 564.110 Personen über 65 Jahren und neun Monaten bekamen die Sozialleistung. Davon lebten laut statistischem Bundesamt 50.520 in Hessen.

Altersarmut in Deutschland ist überwiegend auch immer eine Armut der Frauen.

Wer die Zahlen betrachtet, erkennt schnell, dass der Anteil der Empfängerinnen meist höher ist als jener der Empfänger. Ausnahmen bilden häufig die neuen Bundesländer, hier sind mehr Männer betroffen oder der Anteil ist nahezu gleich. Ein Grund dafür ist, dass Frauen in Westdeutschland früher überwiegend zu Hause blieben und sich um den Haushalt und die Kinder kümmerten. Das Gehalt des Ehemanns reichte meistens aus – der Rest war bedauerliche Konvention. In Ostdeutschland waren Mütter zu DDR-Zeiten in der Regel berufstätig. Das machte sich später bei der Höhe der Rente bemerkbar.

In Hessen waren Ende 2020 also 21.925 Männer und 28.892 Frauen auf Grundsicherung angewiesen. Das bevölkerungsmäßig fünftgrößte Bundesland lag damit auf Platz sechs der Länder mit den meisten Menschen mit Grundsicherung über 65 Jahren. Das hessische Sozialministerium betonte im vergangenen Jahr, dass „ältere Menschen heute in Hessen im Allgemeinen gut gestellt und versorgt sind“. Die hessische Altersarmuts-Gefährdungsquote habe in den letzten Jahren immer und dauerhaft unter der Quote der Gesamtbevölkerung gelegen. Für 2020 gibt es noch keine aktuellen Zahlen zur Altersarmuts-Gefährdungsquote.

Hoffnung machte dem Ministerium bisher immer, dass „die heute 45- bis 50-jährigen Frauen durch ihre stärkere Erwerbsorientierung höhere Altersrenten erwarten können als die Vorgängergenerationen“. Diese Einschätzung stammt allerdings noch aus der Zeit vor Corona. Kurzarbeit und Entlassungen waren Teil der Pandemie. Das Sozialministerium erklärt: „Die langfristigen Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Altersarmut sind derzeit noch nicht absehbar.“

Ein weiterer Baustein im Kampf gegen die Altersarmut soll die Grundrente sein. Das Gesetz zur Einführung trat zum 1. Januar 2021 in Kraft. Aber: „Die Umsetzung des Grundrentengesetzes und damit die Prüfung der Ansprüche sowie die Auszahlung der Grundrente erfolgt jedoch erst im Laufe dieses und nächsten Jahres. Vor diesem Hintergrund ist die langfristige Wirkung der Einführung der Grundrente auf das Armutsrisiko derzeit noch nicht absehbar.“

Beispiele aus anderen Bundesländern zeigen aber, dass die Kriterien, um den Grundrentenzuschlag zu bekommen, zu streng sind. So berichtete der NDR über eine Frau, die 861 Euro Erwerbsminderungsrente bekommt, für den Grundrentenzuschlag aber nicht infrage kommt. Die Deutsche Rentenversicherung empfiehlt Menschen mit weniger als 865 Euro Rente im Monat, ihren Anspruch prüfen zu lassen.

Der Trend in der Bundesrepublik spiegelt sich am Ende meist auch in den Städten wider. Frankfurt bildet dort keine Ausnahme. Hier stieg die Zahl der Menschen mit Grundsicherung über 65 Jahren im August dieses Jahres auf 11.414. Zum Vergleich: Im September 2020 waren es 11.258 Menschen. Im Jahr 2014 lag die Zahl bei 9248.

Dass die steigenden Zahlen in den kommenden Jahren stagnieren und schließlich sinken, ist laut Expertenmeinungen nicht zu erwarten. Der Sozialverband VdK Hessen-Thüringen prophezeit sogar eine Verschärfung des Problems, wenn Arbeitnehmer:innen, die heute zwischen 40 und 60 Jahre alt sind, in Rente gehen. „Den besonders gefährdeten Gruppen dieser Generation – Arbeitnehmer im Niedriglohnbereich, Teilzeitbeschäftigte, Minijobber und Alleinerziehende – wird es nicht gelingen, über eine private kapitalgedeckte Versicherung die Kürzungen in der gesetzlichen Rente auszugleichen.“

Der VdK fordert deshalb eine Stabilisierung des Rentenniveaus auf mindestens 50 Prozent vor Steuern. Das sichere auch künftigen Generationen armutsfeste Renten. Steven Miksch